Zu den Ereignissen am 17.9.2015

Das Maritim-Hotel in Halle/S. soll ab Oktober Außenstelle der überfüllten Zast Halberstadt werden.
In die Erstaufnahmestellen (Zast) werden Flüchtlinge gebracht, die ihren Asylantrag noch nicht gestellt haben, dieser wird dort aufgenommen, und ein Großteil der Geflüchteten wird direkt von dort wieder abgeschoben.
Da die Lager in München aufgrund der aktuell hohen Zahlen von neu eintreffenden Geflüchteten über den Balkan vollkommen überfüllt sind, entschied das Landesverwaltungsamt kurzfristig, schon zum 16.9. Menschen im Maritim-Hotel unterzubringen, um Engpässe in Halberstadt abzufedern.
Das Vorgehen dabei zeugte von Überforderung. Die eingebundenen Akteure wurden erst am Vormittag desselben Tages davon in Kenntnis gesetzt, dass sie die Infrastruktur innerhalb des Hotels für etwa 250 Geflüchtete in nur wenigen Stunden umzusetzen hätten. Medizinische Versorgung, Verpflegung und Betreuung der von der Flucht gezeichneten Menschen legte die Verwaltung damit in ehrenamtliche Hände, und forderte somit alternativlos die Umsetzung einer staatlichen Aufgabe von zivilen Helfer*Innen.
Wir bekamen am Nachmittag des 16.9. einen Anruf von den Helfer*Innen im Maritim mit der Bitte, für die nächsten Tage eine ärztliche Sprechstunde für die Geflüchteten einzurichten, da sich unter den Neuankömmlingen einige mit unbehandelten Erkrankungen befänden, und das Landesverwaltungsamt nicht in der Lage sei, eine ärztliche Betreuung für die Geflüchteten zu sichern.
Eine unserer zentralen Forderungen ist, dass Menschen in jeder aufenthaltsrechtlichen Lage ein freier Zugang zu medizinischer Versorgung zur Verfügung stehen muss So entschieden wir, uns kurzfristig zu bemühen, den Geflüchteten dies zu ermöglichen, und gleichzeitig auf diesen offensichtlichen Missstand deutlich hinzuweisen.
Unser Ärztenetzwerk stand dem positiv gegenüber, sodass am Nachmittag des 17.9. für etwa zwei Stunden eine Sprechstunde mit kinderärztlicher und allgemeinärztlicher Betreuung im Maritim angeboten werden konnte.
Wir danken unseren Ärzt*Innen für ihren Einsatz und den Helfer*Innen im Maritim-Hotel, die sich jede erdenkliche Mühe geben, den Menschen hier eine würdige Ankunft und Unterbringung zu ermöglichen!

Diese Episode zeigt für uns jedoch deutlich das Missverhältnis zwischen der medial propagierten „Willkommenskultur“ und dem skrupellosen Vorgehen der Bundesregierung. Während ehrenamtliche Helfer versuchen, die Geflüchteten ehrlich und angemessen willkommen zu heißen, ziehen sich die staatlichen Verantwortlichen aus der Affäre.
Auch die Kasernierung der ankommenden Geflüchteten, die kriminaltechnische Registrierung aller Asylantragsteller und die zentral gesteuerte Verteilung der Menschen stehen für die Politik der Bundesregierung, die den Menschen keinen Schutz anbietet, sondern versucht, Deutschland so gut wie möglich abzuschotten. Wer bei einem Menschen in Mundschutz und Handschuhen Fingerabdrücke abgeben muss und fotografiert wird, der wird nicht wilkommen geheissen, sondern kriminalisiert.
Die nächste Asylrechtsverschärfung steht bereits kurz vor dem Beschluss. Erneut soll es den Menschen erschwert werden, Asyl in Deutschland zu beantragen, Abschiebungen werden noch schneller und unkomplizierter erfolgen es soll wieder leichter werden, Menschen abzuschieben, und die Asylsuchenden sollen noch weniger Sozialleistungen erhalten.
Das ist die „Willkommenskultur“ der deutschen Bundesregierung.
Wir fordern eine menschliche und würdige Behandlung aller Geflüchteten. Jeder Mensch hat das Recht in Deutschland Schutz zu suchen.